Samstag, 16. Februar 2013
Egotrip: ERASMUS
Nichts ist der Menschheit so wichtig, als ihre Bestimmung zu kennen.

Johann Christoph Friedrich von Schiller

Erasmus - vereint Europäer

Was wäre in diesem Sinne die Bestimmung eines Erasmusstudenten?
Man folge den allgegenwärtigen Vorurteilen und starte bei Partys, dann passiere man Kater und durchschlafene Morgen, Mittage und Nachmittae und komme wieder bei Partys an.
Das sind die Vorurteile gegenüber den Erasmusstudenten, denen ich mich weitesgehend anschliessen kann.

Man sollte jedoch wissen, dass auch Erasmusstudenten sich unterscheiden. Ich teile sie, grob, in drei Gruppen ein: Den Partybesessenen, den Mitläufer und den Kritiker.

1. Der Partybesessene

Der Partybesessene, der die Kategorie mit den meisten Mitgliedern bildet, lässt kein Zusammentreffen und kein organisiertes Erasmusevent ausfallen. Er lernt immer wieder gerne neue Leute kennen und stellt denen immer wieder gerne die gleichen Fragen. Es soll auch vorkommen dass er, aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums und des darauffolgenden Vergessens, der selben Person mehrmals die gleichen Fragen stellt.
Der Partybesessene baut sich im Ausland ein komplett neues soziales Netz auf und nimmt außerdem eine neue Identität an. Aufgrunddessen kann es schon mal vorkommen, dass er seinen Partner im Heimatland vergisst - beziehungsweise, dass er vergisst, dass er überhaupt eine Partnerschaft hat.
Aber das ist alles halb so wild zumal ihn nichts und niemand in den Kreisen, in denen er sich bewegt, verrät.
Es sind die Partybesessenen, die Kommentare wie "Absturz - nie wieder Alkohol" und "...und wieder einen Unitag verpasst" verfassen und mit dem "I-like-Button" gutheißen oder Posts dieser Art anderer gar mit eigenen Kommentaren zu toppen versuchen.

2. Der Mitläufer

Die Mitläufer lassen sich gerne und ab und zu von den Partybesessenen mitreißen. Trotzdem werden es nie Personen sein, die die Abendplanung übernehmen. Das wollen sie auch gar nicht.
Der Mitläufer gesellt sich des öfteren einfach nur dazu - manchmal schenkt man ihn Beachtung, anderer Male weniger.
Es kann passieren, dass auch er mal einen mehr oder weniger uniabwertendes Kommentar postet, doch normalerweise trifft man ihn tagsüber auf dem Unigelände an. In der Tat hat er eine verantwortungsvolle Persönlichkeit, die, trotz durchtanzter Nächte, die Unangelegenheit als seine eigentliche Aufgabe ansieht und respektiert.
Trotzdem schließt er sich der Meinung des Partybesessenen an, die da sagt, dass man als Erasmusstudent ordentlich das Leben geniessen soll (also TRINKEN und FEIERN zu gehen habe) ... entweder weil er mitläuft, oder weil er, aufgrund mangelnden Selbstbewusstseins, der Mehrheit recht gibt.

3. Der Kritiker

Vielleicht ist der Kritiker der schlimmste Fall von allen. Er verurteilt die Partybesessenen und stempelt die anderen als Mitläufer ab.
Ab und zu gesellt aber auch er - der eiserne Kritiker - sich gerne zu den anderen Erasmusstudenten in die kleinen oder auch großen Wohnungen um einander kennenzulernen. Und das genießt er auch.
Trotzdem meidet er die Erasmuspartys in den Diskotheken, was keineswegs bedeutet, dass er gar nicht ausgeht. Es läge auch nicht an der Tatsache, dass es eine Erasmusparty sei, meistens ist der Grund einfach nur ein anderer Musik- und/oder Menschengeschmack.
Somit bekommt er öfter mal von den Partybesessenen die Frage gestellt, ob er denn überhaupt nicht ausgehe.
Normalerweise sieht er jene Partybessesene als unglückliche Individuen an, die sich, aufgrund misslungener Erfahrungen zu Hause, im Ausland eine neue, völlig jungfräuliche, falsche Identität zulegen. Ihre eigentliche Motivation "die Sprache lernen" und vorhandene Partnerschaften seien aufgrund ihres explosiven Egoismus vergessen.

Was ist nun die Bestimmung jedes einzelnen?

Im Glücksfall sieht der Partybesessene ein, dass ihn sein Leben, so wie er es bisher gelebt hat, nicht ausfüllt. Dem Mitläufer wird bewusst, dass er eine viel stärkere Persönlichkeit als sein heimliches Idol, der Partybesessene, hat. Der Kritiker lächelt.

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